Glaube & Wissenschaft
Alfred North Whitehead
Alfred North Whitehead wird 1861 in Ramsgate, Südengland, in eine anglikanische Pfarrersfamilie hineingeboren.
Er studiert Mathematik und Logik in Cambridge. Ab 1890 befasst er sich mit theologischen Fragen und kommt zu einer agnostischen Haltung. Zusammen mit Bertrand Russell verfasst er mit «Principia Mathematica» ein Standardwerk der Logik, das ab 1910 erscheint.
Whitehead hinterfragt die klassische Metaphysik und Physik, die sich im frühen 20. Jahrhundert im Umbruch befindet. Er entwickelt eine eigene Naturphilosophie, basierend auf Zeit-Quanten, die Whitehead «Prozesse» nennt: Jedes Wesen, ob Stein oder Menschen, hat für jeden Zeitschritt verschiedene Möglichkeiten, von denen es eine realisieren muss (inklusive der Möglichkeit, sich nicht zu verändern). In der theologischen Erweiterung ist Gott der grosse Prozess, der alle Prozesse der Welt gegenläufig umschliesst: Er ist nicht grundsätzlich verschieden von der Welt, sondern beide sind mit denselben Begriffen erfassbar.
Gott kennt unsere Zukunft, da sie seine Vergangenheit ist. Er leidet mit am Leid der Welt. So stimmt das Gottesbild der Prozesstheologie gut mit dem Gott der Bibel überein. Whiteheads Essay «Process and Reality» erscheint 1929, wird aber von Philosophen, Theologen und erst recht Naturwissenschaftlern nur zögerlich aufgenommen. 1947 stirbt Whitehead in Harvard.
Text: Tobias Grimbacher, Naturwissenschaftler und Autor
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Whitehead: «Prozess und Realität: Entwurf einer Kosmologie»
Suhrkamp 1987. ISBN 978-3-518-282-908